Ob vom Fliegen, von Zahnausfall oder Schlangen: Wovon wir träumen, verrät einiges über uns
Etwa fünf Jahre seines Lebens verbringt jeder Mensch im Traum – auch, wenn wir uns am nächsten Morgen nicht immer daran erinnern können. Das Wort „Traum“ geht wahrscheinlich auf den indogermanischen Begriff „draugma“ zurück, der für eine Art Trugbild steht. Schließlich gaukelt uns unser Gehirn nachts eine Scheinwelt vor: Wir fliegen, reiten Drachen oder fallen unten ohne durchs Abi, ohne überhaupt das Bett zu verlassen. Diese nächtlichen Fantasien ähneln Halluzinationen und sind Produkte eines veränderten Bewusstseinszustands. Unser Gehirn erschafft mehrmals pro Nacht Szenen, Geschichten, ganze Welten, die wir dann aus der Egoperspektive erkunden. Die meisten Menschen können die Handlung des Kopfkinos dabei nur bedingt steuern und halten das wirre Traumgeschehen im Schlaf für echt. Das macht auch Alpträume so schlimm, denn die darin erlebte Angst ist real: echte und geträumte Bedrohungen aktivieren dieselben Hirnregionen. Träumen geht generell oft mit starken Emotionen einher, während unser logisches Denken und unser kritisches Urteilsvermögen in den Hintergrund treten. So wundern wir uns im Traum in der Regel selbst über die absurdesten Wendungen nicht.
Sigmund Freud – Die Traumdeutung
Ging man in der Antike noch davon aus, dass Träume etwas über die Zukunft preisgeben – den Verlauf einer Krankheit oder das Schicksal – änderte sich das in der Moderne grundlegend. Bei Sigmund Freud (1856 – 1939) sollte der Traum einen Blick in die verborgenen Winkel der Psyche erlauben. Für den Begründer der Psychoanalyse waren Träume der Königsweg zum Unbewussten und damit ein wichtiger Baustein bei der Behandlung psychischer Leiden. In seinem 1899 erschienen Buch „Die Traumdeutung“ stellte er seine Theorie vor.
Freud war überzeugt, dass nachts geheime Wünsche und Empfindungen aufsteigen, die man tagsüber unterdrückt – weil sie Angst machen oder gegen gesellschaftliche Normen verstoßen. Das gelte häufig für sexuelles Verlangen oder Gewaltfantasien. Im Traum, so Freuds Idee, erfüllen sich diese Bedürfnisse, ohne dass man sie in echt ausleben muss. Damit man vor Bestürzung über die eigenen Abgründe nicht aufwacht, wird die eigentliche Handlung im Traum zensiert, verzerrt, verdichtet, das Szenenbild verlegt und die Protagonistinnen und Protagonisten werden verwandelt, bis für den Träumenden nicht mehr erkennbar ist, worum es eigentlich geht, so Freud.
In Zusammenarbeit mit einem versierten Psychoanalytiker ließe sich der Traum aber auf seinen wahren Kern zurückverfolgen. Das hilft, inneren Konflikten auf die Spur kommen, die der Wiener Nervenarzt für die Ursache psychischer Symptome hielt.