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Spiel und kindliche Phantasie
Im Spiel testen Kinder, wer sie sind und wer sie sein wollen.
Spielen ist mithin ein zentraler Baustein der Persönlichkeitsentwicklung.
Kinderzimmer, die vollgestopft sind Teeküchen und Puppen, Hubschraubern und Autos, Ponys und Piratenschiffen können Mädchen und Jungen in Streß versetzen. Beginnt ein Kind, sich einem der Spielzeuge zu widmen erregt schon nach kurzer Zeit ein anderes seine Aufmerksamkeit. Das wird dadurch immer wieder unterbrochen und abgelenkt, wird sich nie in ein Spiel längere Zeit vertiefen können.
Im Vorschulalter reicht wenig Spielzeug aus. Schon mehr als vier Spielzeuge, die das Kind auch tatsächlich nutzt, können die Aufmerksamkeit überfordern.
Kinder sind überaus findig darin, alles Mögliche zum Spielzeug zu erklären, ein Ast kein Ritter sein, ein Schuhkarton eine Burg, ein Korken ein Goldschatz. Jeder Haushalt und jeder Garten bietet genügend Ausgangsmaterial. Spielzeug aus dem Kaufhaus ist im Grunde gar nicht nötig. Zumal es häufig so ausdifferenziert ist, daß es die Phantasie der Kinder eher einschränkt als beflügelt. Damit Kinder in ihrer Phantasieentfaltung flexibel und kreativ sind, ist es entscheidend, daß das Spiel möglichst frei verläuft.
Für die geistige Entwicklung ist es ungemein wichtig, diese gedankliche Flexibilität zu schulen. Wer im Vorschulalter viel Gelegenheit zum freien Spiel hat, ist im späteren Leben eher in der Lage, mit schwierigen Situationen kreativ umzugehen, alternative Lösungswege zu finden - etwa bei einem Konflikt oder einer beruflichen Zwickmühle.
Kinder profitieren am meisten von einer Kiste mit Bausteinen, einer Tafel oder Wand, die bekritzelt oder bemalt werden kann, einem robusten Musikinstrument und Tierfiguren und Plüschtieren. Mit sprechendem Spielzeug hingegen regt man die Phantasie eines Kindes nicht an. Wenn es nicht in die Rolle der Puppe schlüpfen und für sie sprechen muß wird das Spielzeug die Sprachentwicklung nicht fördern, sondern womöglich eher bremsen. Ein Junge, der mit Laserschwert oder Spielzeugpistole spielt, wird später nicht zwangsläufig gewalttätiger sein als andere.
TV-Geräte und Computer sind kein Spiel. Wenn ich unterhalten werden, verkümmert die Motivation, aus mir selbst zu schöpfen.
Langeweile ist etwas ungemein Konstruktives, weil sie dazu zwingt, die eigene Phantasie zu gebrauchen. Das mag vielen Kindern zunächst zu widerstreben, doch relativ bald beginnen die Ersten, mit der Situation kreativ umzugehen. Gleichzeitig bedeutet Langeweile aber immer Leid, da das Gehirn unterversorgt ist, geistige Nahrung fehlt.
Im Spiel sollte ein Kinde gleichberechtigt sein, das bedeutet, ich sollte einem Kind auf Augenhöhe begegnen, die Hierarchieeben darf sich verschieben. Ein Erwachsener darf im Spiel auch mal der Verlierer, der Untergebene, der Leidende sein. Ich muß nicht fürchten, dadurch an Autorität im sonstigen Alltag einzubüßen. Kinder können sehr gut zwischen Spiel und Realität unterscheiden.
Spiel sollte immer ambitioniert sein, das Kind sollte sich herausgefordert fühlen. Nur so wird es Freude daran entwickeln, aus seiner eigenen Vorstellungskraft zu schöpfen. Es gibt nichts Besseres für das reifende Gehirn.